Südtiroler Waale und Waalwege

Im sonnigen Südtirol, insbesondere im Vinschgau und im Burggrafenamt, haben die Bauern seit jeher mit der Trockenheit zu kämpfen. Durch die Lage in der Mitte der breitesten Stelle der Alpen, umgeben von hohen Gebirgsketten, beträgt der durchschnittliche Niederschlag nur rund 500 mm im Jahr.
Das milde und sonnige Klima ist ausgezeichnet für Obstplantagen, weshalb im Vinschgau Äpfel und Erdbeeren angebaut werden. Zur Bewässerung wurden die Waale entwickelt, die zum Transport und zur Verteilung des vorhandenen Wassers dienen. Aus höher gelegenen Tälern wurde das Wasser teils über 1000 Meter tief in den Vinschgau geleitet. Lange Bewässerungskanäle wurden gegraben und in Felsen gehauen, Rohre aus Metall und Holz (sogenannte Kandeln) dienten als Leitungen. Bereits im zwölften Jahrhundert begann diese Art der Bewässerung, auch heute werden noch einige Waale zu diesem Zweck genutzt. Vermutlich reicht die Geschichte der Waale noch weiter zurück.
Zur Wartung und Kontrolle der Waale wurde ein kleiner Weg angelegt, der sogenannte Waalweg. Die Waaler waren für die Kontrolle der Kanäle und die gerechte Verteilung des Wassers zuständig. Eine von einem Wasserrad angetriebene Waalschelle diente dazu, den gleichmäßigen Fluss des Wassers anzuzeigen. Äste und andere Gegenstände behinderten schnell den Fluss, nach Gewittern und starken Regenfällen kam es zu Überschwemmungen. Da die Wartung der Waale sehr aufwendig war, wurde ab der Zwischenkriegszeit ein großer Teil der Waale durch neue Rohrleitungssysteme ersetzt.

Algunder Waalweg mit Blick auf Meran

Heute kann man auf diesen Wegen das ganze Jahr über gemütliche Wanderungen unternehmen.
Die Wege zeichnen sich durch geringe Steigungen aus, oft gibt es auch schöne Ausblicke auf die umliegenden Berge. Schmale Pfade und breitere Wege wechseln sich ab, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind nur äußerst selten vonnöten. Die meisten Wege verlaufen ohne Steigung und sind mit normalem Schuhwerk zu begehen. Auch für Kinder sind die Waalwege sehr zu empfehlen, der Marlinger Waalweg wartet zum Beispiel mit einigen Abenteuern auf. Aufgrund der Breite sind die meisten Waalwege jedoch nicht für Kinderwägen geeignet. Die Waalwege sind sehr beliebt für einen Ausflug während eines Wanderurlaub in Südtirol.

Waalweg in Südtirol

Am schönsten sind Waalwanderungen im Frühjahr und Herbst, dann sind die Temperaturen angenehm und die Fernsicht ist gut. Im Herbst kann man die Apfelernte miterleben und am Waalweg die Ernte mit Blick über das Tal, verfolgen. Auch im Winter sind einige der Waalwege begehbar. Dem Wanderer bietet sich ein Blick auf das verschneite Südtirol, der Waal führt im Winter allerdings kein Wasser.
Viele Wanderwege, wie der Tscharser Waal nach Schloss Juval, verfügen zudem über Informationstafeln zu den Bewässerungsanlagen, zu Flora und Fauna in der Umgebung. Eine Waalwanderung ist allen Naturliebhabern und historisch interessierten Urlaubern zu empfehlen.